Glosse - ehrlich. Aber was mit Karriere!
Georg M. Sieber
Karriere und Aufstieg sind zweierlei.
Aufstieg ist wie Medaillen-Training.
Karrieremachen ist wie Betteln.
Karriere führt über hundert Mal im Rundkurs immer wieder von der Startlinie zur der Ziellinie und weiter im Kreis. So war das schon im alten Rom. Wenn die Athleten mit ihrem carra-Gespann um den Sieger-Lorbeer kämpften, querten sie die magische Linie ein Dutzendmal oder öfter, passierten die Fan-Gruppen und die Logen in der Start-Ziel-Zone.
Da war dem Wettkämpfer völlig klar, ab welchem Meter er wieder seine ‚bella figura‘ zeigen musste.
Natürlich: So ein Karriere-Auftritt ist nicht jedermanns Sache. Sehr bald konnte Monotonie aufkommen. Die Anhänger der gegnerischen Gespanne positionierten sich im Verlauf des Rennens auch zunehmend in den Scheitel-bereichen der kritischen Kurven, um mit Störaktionen wieder einmal Verwirrung zu stiften – auch hier das immer gleiche Geschrei, die gleichen Tricks
Carrieriste haben gute Nerven, pflegen eherne Regel-treue und verfolgen eher schlichte Interessen. Nach einem Renn-Sieg zählen sie eher die Sesterzen ihrer Prämie, als die Lorbeeren ihres Siegerkranzes. Sie sind auf Anforderung zur Verteidigung ihres Herrn bereit. Die Betonung liegt hier auf der Anforderung.
Wer aber statt im Rundkurs und um schnödes Preisgeld für sportlichen Ruhm und Rekord-Segen antritt, der verrät allein schon damit ein Sonder-Format: Aufsteiger zu den Reihen der Besten. Mit diesem Ziel entwickelt er sich auf dem direkten Weg zu einem Aufstiegscharakter. Der ist tatsächlich dauerhaft in einem zeitlosen Training für die große Chance, irgendwann auf den oberen Rangplätzen dabei zu sein. Das ist Medaillen-Training, wie man heute sagt, jedoch ebenfalls nicht Jedermanns Sache.
Wer in und mit der Jurisprudenz zu leben gedenkt, wird sich ohne großen Aufwand dem carrierista oder dem Aufsteiger zuordnen können. Wer seine Ähnlichkeit mit dem Aufsteiger erkennt und umgekehrt sogar mit dem carrierista fremdeln würde, wird zu einem sicheren Urteil über seine Berufschancen finden: Der carrierista ist in juristischen communities am besten aufgehoben.
Er findet sie praktisch in den meisten Laufbahnberufen.
Der Aufsteiger dagegen weiß genauso sicher, dass er juristische communities eher meiden und allenfalls nur zu vorübergehendem Aufenthalt ansteuern sollte. Er wird sich ebenso frei halten von den geradlinigen, schmalen Fahrspuren autoritärer Großkanzleien, wie von klassischen elterlichen Fußstapfen. Denn seit 1675 (Huartes, Prüfung der Köpfe) kann er darauf vertrauen, dass er in der Lehre ebenso gut vorankommen wird, wie in der Verwaltung von Ländereien und noch so großen Unternehmungen – soweit er sich nicht allein auf die Jurisprudenz verlässt.
Unser Autor
Georg M. Sieber, Jahrgang 1935, ist Diplompsychologe in München. 1964 gründete er sein Institut für Angewandte Psychologie, die Intelligenz System Transfer GmbH (11 Niederlassungen). Sein persönliches Interessengebiet sind Schriften historischer Vorläufer der heutigen Psychologie, de Federico II., Machiavelli, Palladio, Ínigo López de Loyola u.a.
Für den fachlichen Austausch steht er gerne zur Verfügung:
Georg.Sieber@IST-Muenchen.de
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